Der Windkraft-Champion in OWL: Was NRW von Lichtenau lernen kann

Auf dem gelben Ortseingangs-Schild von Lichtenau steht es geschrieben: „Energiestadt“. Wer sich in der Stadt im Kreis Paderborn umschaut, versteht rasch, wie es zu diesem Titel kommt. Auf den weiten Feldern vor dem Ort stehen Windräder – nicht eins und auch nicht zehn. Insgesamt 190 Windenergieanlagen drehen sich auf Lichtenauer Stadtgebiet. Sie sorgen dafür, dass die Stromproduktion deshalb 10-mal höher ist als der Verbrauch in der Stadt. Die Grünstrom-Quote ist ein echter Standort-Faktor. Unternehmen wollen den sauberen Strom. Der Automobilzulieferer Benteler in Lichtenau-Kleinenberg wird schon seit Jahren mit Energie aus dem 10 Kilometer entfernten Bürgerwindpark versorgt.

Wie ist dieser Windkraft-Boost in Ostwestfalen gelungen? Das wollen Thomas Kutschaty, Vorsitzender, und André Stinka, wirtschaftspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag NRW, ergründen. Darum sind sie an diesem Morgen im März nach Lichtenau gekommen. In den Räumen des Düsseldorfer Landtags haben sie in der Woche zuvor heftige Rückschläge für die Windkraft in NRW erlebt. Eine Abschaffung der willkürlichen 1000-Meter-Abstandsregel für Windkraft? Weggestimmt von CDU und Grünen, obwohl sich Expert*innen einig sind: Diese Regel bremst Windkraft aus. Noch vor der Landtagswahl 2022 hatten die Grünen mit der SPD-Fraktion für das Ende der 1000-Meter gekämpft. Und jetzt? Flaute für Windkraft in NRW!

Lichtenau beweist, dass es anders geht. Im Trainingszentrum des Windenergie-Unternehmens Enercron erklären die Lichtenauer, was sie gemacht haben. Mit dabei sind Bürgermeisterin Ute Dülfer und ihr Vorgänger Josef Hartmann. Hartmann brachte die Windkraft in Lichtenau entscheidend voran. Freilich nicht komplett ohne Widerstand. Bürger*innen zogen vor das Rathaus und demonstrierten. Doch letztlich konnten die Windkraft-Pläne doch umgesetzt werden. Auch weil SPD, CDU, Grüne und FDP im Stadtrat an einem Strang gezogen hätten, sagt Hartmann. Die Akzeptanz der Einwohner*innen für das Projekt „Energiestadt“ haben er und seine Nachfolgerin heute sicher. Aus der früheren strukturschwachen Stadt Lichtenau ist heute die Kommune mit dem höchsten pro Kopf Einkommen im Kreis Paderborn geworden – dank der Windkraft. Viele Anwohner*innen sind Anteilseigner*innen der Windräder und finanzieren diese mit, wodurch sie von Zinsausschüttungen profitieren. Wer keine finanziellen Mittel einlegen kann, profitiert trotzdem mittelbar: eine Bürgerstiftung verteilt Geld aus den Einnahmen an kulturelle und soziale Projekte. Das schafft Akzeptanz. Inzwischen wissen sie hier: Windkraft ist ein Gewinner-Thema.

Ein Vorbild für NRW, findet Thomas Kutschaty: „Lichtenau macht es vor: Nachhaltige, unabhängige und bezahlbare Stromversorgung in NRW ist möglich. Die Stadt schafft mit enger Beteiligung der Bürger*innen Unterstützung für ihr Projekt. Dabei kommen vor allem finanzielle Beteiligungsformate zum Tragen, die sich auch im Portmonee der Bürger*innen als Anteilseigner positiv bemerkbar machen.“ Solche Angebote brauche es flächendeckend im ganzen Land – für die Akzeptanz der Windkraft und für den Klimaschutz insgesamt.

Draußen vor den Toren der Stadt, am Fuße eines der vielen Windräder, stellt die Firma WestfalenWIND ihre Arbeit in Lichtenau vor. Sie ist in Ostwestfalen führender Planer und Betreiber von Windparks. Über die Anhöhe des Paderborner Lands fegen die Böen. Die Rotoren der Windräder drehen sich oben im Himmel. WestfalenWIND und der Landesverband Erneuerbare Energien NRW (LEE) werben, solche Potentiale auch andernorts in NRW zu nutzen. Dafür muss die Landespolitik die Basis schaffen. „Wie die SPD-Fraktion halten wir die sofortige Abschaffung des 1.000-Meter-Mindestabstandes für neue Windenergieanlagen für das Gebot der Stunde“, betont Steffen Lackmann Mitgesellschafter von WestfalenWIND und Mitglied im Vorstand des LEE. Die Abschaffung würde helfen, bereits jetzt den notwendigen Ausbau zu beschleunigen. Nicht der einzige Wunsch von Lackmann: „In der vergangenen Woche hat die Landesregierung den Bezirksregierungen als Träger der Regionalplanung die von ihnen auszuweisenden Flächengrößen mitgeteilt. Damit wir als Windbranche im Land wirklich durchstarten können, müssen diese Flächen schnell in die neuen Regionalpläne einfließen.“ Ein im vergangenen Jahr beschlossenes Bundesgesetz sieht vor, dass Nordrhein-Westfalen 1,8 Prozent für die Windenergienutzung ausweisen muss. Die Landesregierung hat angekündigt, dass dieser Prozess 2025 abgeschlossen sein soll.

Die SPD-Fraktion nimmt Schwarz-Grün dabei klar in die Pflicht. „Angesichts der vielen leeren Ankündigungen im Bereich der erneuerbaren Energien erscheint das jüngste Vorhaben der Landesregierung aber wenig realistisch“, sagt Thomas Kutschaty. Dabei würden vor allem neue Grenzziehungen Fragen aufwerfen: Keine Planungsregion soll mehr als 75 Prozent ihrer Potenzialflächen für die Windenergie zur Verfügung stellen müssen. Außerdem soll nicht mehr als die bundesseitig vorgesehene Obergrenze von 2,2 Prozent der Gesamtfläche der Planungsregion für die Windenergie vorgehalten werden müssen. „Das sind neue bürokratische Hürden, die den Windkraftausbau wieder unnötig kompliziert machen. Genau solche Hindernisse müssen wir beseitigen und keine neuen schaffen“, so der Vorsitzende der SPD-Fraktion.

Auch Lackmann will, dass „viele ärgerliche Hindernisse“ für den weiteren Windkraftausbau aus dem Weg geräumt werden. Dass das geht, beweist Lichtenau schließlich. Thomas Kutschaty macht deutlich: Die SPD-Fraktion wird in Düsseldorf nicht locker lassen: „Eine verlässliche Perspektive für Windkraft in NRW fehlt. Statt wackliger Minimal-Versprechen braucht es jetzt einen Abbau von Planungshürden und Ausbaubremsen.“

Der Beitrag Der Windkraft-Champion in OWL: Was NRW von Lichtenau lernen kann erschien zuerst auf SPD Fraktion NRW.

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2023-03-17