Enormer Bedarf, enorme Sorgen: Wie wir Kinder- und Jugendtheater stärken müssen

Theater – das ist die Welt der Begegnung, des Miteinanders und der Faszination. Gerade Angebote für Kinder und Jugendliche haben einen unschätzbaren Wert in der kulturellen Bildung. Das ist die eine, die schillernde Seite. Kinder- und Jugendtheater – das bedeutet auch fehlende finanzielle Förderung und Künstler*innen in prekären Arbeitsverhältnissen. Obwohl gerade Angebote für Kinder und Jugendliche eben ein solchen hohen Wert in der kulturellen Bildung haben.

Andreas Bialas, kulturpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag NRW, möchte Herausforderungen, Entwicklung und Zukunft der kulturellen Bildung in den politischen Blickpunkt rücken – mit einem besonderen Augenmerkt auf Theaterangebote für Kinder und Jugendliche. „Kultur ist für alle da. Und deshalb brauchen wir starke Angebote für alle Kinder und Jugendlichen. Kulturelle Bildung ermöglicht, sich ganzheitlich zu entfalten, das kritische Denken zu üben und neue Perspektiven zum Umgang mit Herausforderungen einzunehmen“, sagt Andreas Bialas.

Für einen Austausch mit Praktiker*innen hat er zum Werkstattgespräch in „die börse Kommunikationszentrum Wuppertal“ eingeladen. Die Diskussion im roten Salon dieser traditionsreichen Location lässt keinen Zweifel: Die Theaterszene für Kinder und Jugendliche in NRW ist lebendig. Und doch bekommt sie nicht die nötige Wertschätzung.

Eine vertane Chance, macht Anna Lisa Tuczek von „die börse“ deutlich: „Kulturelle Bildung kann so viel mit einem Kind machen, sie kann Selbstbewusstsein geben“, sagt sie. Wichtig dafür sei es, es der Zielgruppe möglich zu machen, auch an Angebote zu kommen.

Ursula Enders unterstreicht, dass es hochwertige Angebote braucht. „Was mich nervt ist, wenn man sagt, für Kinder und Jugendliche kann man es preiswert machen. Kinder sind die kritischsten Zuschauer“; sagt Enders. Sie kennt die Szene seit vielen Jahren und ist Mitbegründerin von Zartbitter Köln. Zartbitter ist eine der ältesten Kontakt- und Informationsstellen gegen sexuellen Missbrauch in Deutschland, die sowohl betroffenen Mädchen als auch Jungen Unterstützung anbietet. Zum Engagement von Zartbitter gehören Präventionstheaterstücke und Workshops gegen (Cyber-)Mobbing unter Kindern und Jugendlichen und sexualisierte Gewalt. „Wir gehen damit bundesweit auf Tour“, sagt Enders. Meistens sei man in Schulen. Mal spiele man vor 25 mal vor 500 Zuschauer*innen. Alle Stücke würden dabei traumapädagogischen Standards entsprechen. Heißt: Keine Gewalt auf der Bühne. Enders ist von der Wirkung überzeugt: „Die Solidarität des kindlichen Publikums hat etwas befreiendes.“

Ein anderes Angebot in NRW ist Forumtheater inszene. Forumtheater sensibilisiert für soziale Konflikte und macht konträre Standpunkte verstehbar. Das Team professioneller Schauspieler*innen bringt spannungsreiche Alltags-Szenen auf die Bühne. „Wir machen Theater für die, die es brauchen“, sagt Leiterin Friderike Wilckens von Hein und ergänzt: „Die Nachfrage steigt.“ Gerade in Folge der Pandemie sind die Belastungen, die auf Kindern und Jugendlichen hängen, enorm. „Wir arbeiten so jeden Tag am gesellschaftlichen Zusammenhalt“, sagt Wilckens von Hein. An der Bedeutung des Angebots besteht kein Zweifel. Doch öffentliche Förderung ist Mangelware, das wird an diesem Abend deutlich.

Auch Manuel Moser lenkt den Blick auf die finanzielle Lage im Kinder- und Jugendtheater. Er ist künstlerischer Leiter des Comedia Theaters in Köln. Das Comedia Theater ist ein freies Kinder- und Jugendtheater in der Kölner Südstadt. „Es gibt einen riesen Bedarf an Kunst und kultureller Bildung für Kinder und Jugendliche“, bestätigt Moser. Um diesen zu erfüllen, müsse Theater für Kinder und Jugendliche gleichberechtigt finanziert werden. Er sieht eine Diskrepanz zu Angeboten für Erwachsene. Moser sorgt sich um die Beschäftigten im Kinder- und Jugendbereich. „Viel Arbeit für schlechte Löhne“, sagt er. Nicht selten arbeiten ausgebildete Künstler*innen unter prekären Bedingungen. „Kulturelle Bildung muss politisch einen höheren Stellenwert bekommen“, verlangt Moser.

Und so ist die Wunschliste, die die Aktiven Andreas Bialas mit in den Düsseldorfer Landtag geben, lang: Kulturagenten an Schulen, die die Verbindung schaffen. Wertschätzung und bessere Finanzierung. Oder auch eine interministerielle Arbeitsgruppe. Denn die Theatermacher*innen wollen wissen, wer ihre Ansprechpartner*innen in Düsseldorf sind. Oft pendeln sie zwischen Kultur-, Schul- und Familienministerium. Zumindest einen Wunsch kann die Diskussion in Wuppertal gleich erfüllen: Vernetzung. Alle weiteren Impulse nimmt Andreas Bialas mit und verspricht: Die SPD-Fraktion bringt das Thema ins Plenum.

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2023-04-05