Schwarz-grüner Verfassungsbruch? Warum der Landeshaushalt vor Gericht landet

Schwarz-grüner Verfassungsbruch? Warum der Landeshaushalt vor Gericht landet

Der aktuelle Haushalt der Landesregierung landet vor Gericht! SPD- und FDP-Fraktion reichen eine gemeinsame Klage beim NRW-Verfassungsgerichtshof in Münster ein. Damit werden die finanzpolitischen Chaoswochen rund um die Haushaltsberatungen Ende des vergangenen Jahres juristisch aufgearbeitet. „Die Haushaltsberatungen insgesamt waren die chaotischsten Haushaltsberatungen, die das Parlament ertragen musste“, sagt Thomas Kutschaty, Vorsitzender der SPD-Fraktion. Henning Höne, Fraktionsvorsitzender der FDP, stimmt bei der Vorstellung der gemeinsamen Klage zu. Er spricht von „nie dagewesenen Irrungen und Wirrungen.“

Der Rückblick zeigt, welche Ausmaße das Haushaltswirrwarr bekam: Da wurde ein Nachtragshaushalt für 2022 eingebracht, der nach Kritik der Opposition und des Landesrechnungshofes zurückgezogen wurde. Die Landesregierung brachte ein Maßnahmenpaket bezogen auf den Haushalt 2022 ein, die Parlamentarischen Geschäftsführer der Koalitionsfraktionen beantragten offiziell dies auf die Tagesordnung des Landtags zu nehmen und keine 2 Stunden danach war wieder alles anders: Der Ministerpräsident zog erneut die Reißleine. „Selbst innerhalb der Koalition lief offenbar alles durcheinander“, erinnert Thomas Kutschaty und ergänzt: „Nicht nur der Landesrechnungshof, sondern auch andere Sachverständige haben in der Anhörung des Landtags verfassungsrechtliche Bedenken gegen das Handeln dieser Koalition nachdrücklich vorgetragen.“

SPD- und FDP-Fraktion haben das Vorgehen der Landesregierung umfassend besprochen und sich letztlich zur Klage entschieden. „Nach intensiver Prüfung steht der begründete Verdacht im Raum, dass die Landesregierung gegen Grundgesetz und Landesverfassung verstoßen hat“, sagt Henning Höne.

Bei der Klage bekommen die Fraktionen Unterstützung von einem echten Fachmann: Professor Dr. Simon Kempny von der Universität Bielefeld. An der Uni in Bielefeld hat Kempny den Lehrstuhl für Öffentliches Recht und Steuerrecht inne. Er hat bereits an einer Sachverständigenanhörung des Landtags zu den Haushaltsberatungen teilgenommen.

Thomas Kutschaty erklärt die Kernpunkte der Klage, mit der sich nun der Verfassungsgerichtshof in Münster befassen wird. SPD und FDP reichen eine Organklage gegen den Finanzminister und die Landesregierung wegen der im Oktober und November 2022 im Zusammenhang mit dem Corona-Rettungsschirm aufgenommenen rund 4 Mrd. Euro Kredite ein. „Wir machen hier eine Verletzung des Budgetrechts des Landtags geltend“, sagt Kutschaty. Bereits der Landesrechnungshof hatte diese Kredite in einer schriftlichen Stellungnahme für verfassungswidrig befunden. Die Abgeordneten von SPD und FDP-Fraktionen reichen zudem eine abstrakte Normenkontrollklage gegen das NRW-Krisenbewältigungsgesetz ein. Professor Kempny hat zu diesem Gesetz eine klare Meinung: „Die Namen der Gesetze werden immer klangvoller, während sie handwerklich immer schlechter werden.“ Thomas Kutschaty führt die Kritik weiter aus. „Wir halten diesen Weg für nicht ausreichend begründet, warum hier der Weg über ein Sondervermögen gegangen wurde und nicht über den normalen Haushalt“, sagt Thomas Kutschaty. Ebenso reichen die Abgeordneten eine Normenkontrollklage gegen die im Haushalt 2023 vorgesehene Kreditermächtigung ein. Hier könnte durchaus ein Verstoß gegen die Schuldenbremse vorliegen.

Dass das Haushaltschaos nun in Münster auf den Tisch kommt, haben die Regierungsfraktionen und ihre Landesregierung beinahe erzwungen. „Wir waren im gesamten Haushaltsberatungsverfahren immer gesprächsbereit, waren bereit an einem tragfähigen Konsens in einem geordneten Verfahren mitzuwirken, uns mit unseren Ideen und verfassungsrechtlichen Expertisen einzubringen“, sagt Thomas Kutschaty. Doch Gesprächsbereitschaft der Koalition? Fehlanzeige! „Deshalb müssen wir jetzt diesen Schritt gehen“, resümiert Thomas Kutschaty.

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